"Es geschah in einem
            Augenblick" ist eine wunderschöne Episode mit einer bemerkenswerten, einzigartigen
            Prämisse: wie würde ein Planet aussehen und sich entwickeln, auf dem die Zeit wesentlich
            schneller voranschreitet als im restlichen Weltall? Unterschiedliche Zeitflüsse
            koexistent in einem Universum - dies ist eine etwas andere Art von Zeitreise bzw.
            Zeitmanipulation, wie sie bisher nur wenige Episoden zeigten - in vergleichbarer Weise
            wohl nur [TOS] Was summt denn
            da? (wobei die Ursache damals -
            recht unglaubhaft - aber biologischer Natur war) und [TNG] Das temporale Fragment. Fast immer gelingt es der Episode das
            Potential, welches die Idee grundsätzlich birgt, in spannende, bewegende und vor allem
            glaubhafte Szenen umzusetzen - jedoch gibt es einige Ecken und Kanten, die das Erlebnis
            ein wenig trüben. Dies ist zum einen wissenschaftlich-technische Aspekt: auch ohne
            großartig nachzurechnen wird für den Zuschauer ersichtlich, daß nicht immer eine
            Sekunde auf der Voyager einem Tag auf dem Planeten entspricht; meistens scheint die Zeit
            auf dem Planeten noch erheblich schneller zu vergehen. Diese Tatsache wirkt vor allem am
            Ende ein wenig störend: im Finale scheint die technische Entwicklung so schnell zu
            verlaufen, daß in weniger als 100 Jahren die Planetenbewohner - zuvor etwa auf dem Stand
            der 1960er - Trikobaltwaffen, massive Raumschiffe, Traktoremitter, Transportertechnologie
            und sogar temporale Technologie entwickeln! Recht unglaubwürdig wirkt auch die extreme
            Menschlichkeit der "Außerirdischen". Ich meine weniger das Aussehen und die
            Kleidung - Gene Roddenberrys Konzept sah ja vor, daß eher die kulturellen denn die
            biologischen Unterschiede für die Star Trek Außerirdischen entscheidend sind -, sondern
            die parallele Entwicklung der Zivilisation. Einige Allusionen sind zwar äußerst
            interessant (etwa der "Raumfahrtwettlauf" der Staaten mit dem Ziel, jeweils als
            erster das "Himmelsschiff" zu erreichen, oder die Vermarktung der Voyager mit
            den SkyShipFriendsTM), andere wirken eher lästig (die
            "Baseballszene" zwischen Gotana-Rez und dem Doktor). Mal von ein paar aus der
            Parallelität erwachsenden, peinlichen Fehlern abgesehen (der Priester schreibt in
            lateinischer Schrift und in Englisch, und ein Einsatz des Universaltranslators scheint zum
            Verständnis der Funkbotschaft vom Planeten auch nicht nötig zu sein) wäre eine
            mutigere, etwas weniger unserem anthropozentrischem Weltbild entsprechende Darstellung der
            aufstrebenden Zivilisation wünschenswert gewesen. Eine weitere Schwäche ist sicherlich
            die spärliche Charakterisierung des Volkes auf dem Planeten und der weitestgehende
            Verzicht auf nähere Einblicke; dies ist jedoch verständlich, wenn man die spezielle
            Natur der Episode bedenkt (alles ändert sich ja ständig) und sich vor Augen führt, daß
            anders als etwa in den DS9-Episoden "Meridian"
            und "Kinder der Zeit" die Handlung primär auf dem Schiff
            und nicht auf dem Planeten spielt. Was die Episode trotz ihrer Fehler äußerst sehens-
            und empfehlenswert macht, ist aber die optimistische, noble, sehr Star Trek typische
            Darstellung der Entwicklung auf dem Planeten: angespornt von einem Wunsch, einer Vision
            (Kontakt mit dem mysteriösen "Lichtbringer"), streben die Menschen seit
            Jahrhunderten nach dem Himmel, wird Wissenschaft und Technik durch dieses Ziel nachhaltig
            beeinflußt und beschleunigt. So hat die Anwesenheit der Voyager letztendlich nicht nur
            negative Auswirkungen (die Erdbeben), sondern auch äußerst positive. Der geschichtlich
            interessierte Fan weiß - diese Botschaft ist nicht auf das Star Trek Universum und die
            Zukunft beschränkt, sondern ist allgemeingültig. Der Kalte Krieg hat hunderte Leben
            gefordert, doch hätten wir tatsächlich ohne ihn und das resultierende "space
            race" innerhalb von wenigen Jahrzehnten den Mond erreicht und Sonden in den
            extrasolaren Raum geschickt? Und überhaupt: wäre eine weitere Entwicklung, wie sie von
            Star Trek vorgezeichnet wurde, denn möglich, wenn wir uns - ganz nüchtern und
            bodenständig - nur für die Probleme auf der Erde interessieren würden und uns Sterne
            und Weltall, die realistisch gesehen für das Leben auf der Erde irrelevant sind, egal
            wären? Der menschliche Geist ist zu Erstaunlichem fähig, wenn er ein Ziel vorgesetzt
            bekommt; die Weiterentwicklung, das Vorwärtsstreben, nicht die Stagnation oder gar die
            Restauration ist die Triebfeder unserer Existenz, ob nun in biologischer, kultureller,
            sozialer, wirtschaftlicher, technologischer oder wissenschaftlicher Hinsicht - dies zeigt
            "Es geschah in einem Augenblick" in eindrücklichen Bildern.
           |